Ausstellung im Kulturwerk der Stabi

Das Projekt IN_CONTEXT hat im Kulturwerk der Stabi eine Vitrine kuratiert. Ziel des Projektes ist es, die Vielfalt der Bestände aus kolonialen Kontexten zu zeigen und eine Diskussion über den Umgang im digitalen Raum anzustoßen.

Im ersten Kapitel wird ein Einblick in die kolonialen Bestände gegeben: Von kolonialen Brettspielen über Zeitschriften oder Druckschriften finden sich vielfältige Publikationen, die Kolonialismus thematisieren. Im zweiten Kapitel wird der Nachlass von Hans Gruner (1865-1943) näher betrachtet. Im Nachlass des Kolonialbeamten finden sich Tagebücher, Fotosammlungen, persönliche Notizen und Briefe mit lokalen Herrschern in Togo, die in der Ausstellung gezeigt werden. Im dritten Teil laden wir die Besucher:innen dazu ein, in Austausch zu treten und fragen, ob und wie sensible Inhalte digitalisiert und frei zugänglich gemacht werden sollen.

Die Ausstellung läuft vom 11. September bis Frühjahr 2025.

Weitere Informationen finden Sie hier: https://stabi-kulturwerk.de/portfolio-item/in_context/

Die Öffnungszeiten finden Sie hier: https://stabi-kulturwerk.de/besuch-planen/

 

 

IN_CONTEXT zu Besuch an den Bodleian Libraries

Nach dem Besuch unserer Kolleg:innen des „We are our History“ (WOAH) Projekts (Link zum Projekt) der Bodleian Libraries (University of Oxford) im Mai 2024, sind zwei Kollegen des IN_CONTEXT Projekts Anfang Juli für drei Tage zu einem Gegenbesuch aufgebrochen. Der Besuch wurde ebenfalls durch eine Förderung der Berlin University Alliance (BUA) ermöglicht.

In einem gemeinsamen Workshop an der Weston Library diskutierten Lars Müller und John Woitkowitz das IN_CONTEXT-Vorhaben zur Digitalisierung von Beständen aus kolonialen Kontexten sowie den Aufbau einer virtuellen Forschungsplattform. Die Möglichkeiten zur Kontextualisierung kolonialhistorischer Sammlungen und die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Herkunftsgesellschaften standen dabei im Zentrum. Die Kolleg:innen der Bodleian Libraries präsentierten die Ergebnisse des Projekts „We Are Our History“ und gaben einen Einblick in die Aufarbeitung von Sammlungsbeschreibungen von Handschriften, um die Verwicklungen von Bibliotheken in den verschiedenen kolonialen Projekten europäischer Wissenseinrichtungen transparent zu machen.

Im Laufe unseres Besuches zeichneten sich drei Schwerpunktbereiche ab: Intensiv diskutierten wir das Thema Digitalisierung in den Bodleian Libraries und der Staatsbibliothek – einen besonderen Fokus legten wir dabei auf Manuskripte aus kolonialen Kontexten in Asien und Afrika. Ein zweiter Schwerpunkt lag auf Fragen der digitalen Präsentation und Storytelling Formaten. Hier kristallisierten sich vor allem gemeinsame Interessen im Bereich Digital Discovery der Bodleian und der SBB sowie des Centre for Digital Scholarship und des Stabi Labs heraus. In einem dritten Schwerpunkt wurden mögliche Kooperationen im Rahmen der Provenienzforschung oder der gemeinsamen Kolonialgeschichte diskutiert.

Neben einer Führung durch die historischen Gebäude der Bodleian Libraries und der Commonwealth and African Studies Abteilung der Weston Library rundete eine Stadtführung zu kolonialen Verflechtungen Oxfords das Programm ab. Für die Organisation unseres Besuchs und die anregenden Gespräche bedanken wir uns herzlich bei den Kolleg:innen der Bodleian Libraries.

Der Besuch im Rahmen der BUA vertiefte den Austausch zwischen beiden Einrichtungen und legte wichtige Grundsteine für weitere Kooperationen in der Zukunft.

Neuerscheinung bei o-bib „Koloniale Kontexte in Bibliotheken“

Das Projekt IN_CONTEXT: Colonial Histories and Digital Collections hat im Januar 2023 an der Stabi seine Arbeit aufgenommen. Bereits im November 2023 hat das Projektteam den Workshop „Koloniale Kontexte in Bibliotheken“ in Kooperation mit dem dbv und dem DZK in Berlin durchgeführt. Der Workshop bildete den Auftakt für eine Reihe von Aktivitäten, das Thema koloniale Kontexte und Bibliotheken in einer breiten Perspektive zu beleuchten. So wurde hier auch die Idee eines Leitfadens zum Umgang mit kolonialen Beständen in Bibliotheken angeregt und hierfür die AG Koloniale Kontexte in Bibliotheken im Netzwerk Koloniale Kontexte gegründet. Auf der BiblioCon2024 fand hierzu ein erstes Präsenztreffen im Juni 2024 statt.

Heute können wir einen weiteren Meilenstein verbuchen. Denn o-bib hat den Themenschwerpunkt „Koloniale Kontexte in Bibliotheken“ veröffentlicht. In sieben gemeinschaftlich verfassten Artikeln haben Kolleg:innen aus unterschiedlichen Bibliotheken und Arbeitsbereichen das Feld der kolonialen Kontexte in Bibliotheken vermessen und unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema geworfen.

In ihrer inhaltlichen Einführung umreißen die Koordinator:innen des Themenschwerpunktes, Lars Müller, Michaela Scheibe und Larissa Schmid, das Feld der kolonialen Kontexte in Bibliotheken. Sie beschreiben den Forschungsstand und definieren davon ausgehend maßgeblich drei Handlungsfelder für Bibliotheken: Sammlungsaufbau und Erschließung, Provenienzforschung und schließlich Digitalisierung und ethische Fragen der Bestandsrepräsentation.

Der von Jan Hüsgen koordinierte und von Irene Albers, Aïsha Othman, Meliné Pehlivanian, Thomas Richter und Schmid Andreas verfasste Artikel fragt, wie das Konzept der kolonialen Kontexte auf Bibliotheken angewendet werden kann.

Der von Lars Müller und Michaela Scheibe koordinierte Beitrag argumentiert, dass Provenienzforschung zu Beständen aus kolonialen Kontexten ein wichtiges zukünftiges Handlungsfeld für Bibliotheken ist. In drei Fallbeispielen geben Wiebke von Deylen, Hajo Frölich, Cordula Gumbrecht, Dominique Schwarb-Akoun und Jakob Wigand einen Einblick in Herausforderungen und Möglichkeiten dieser Arbeit.

Der von Larissa Schmid koordinierte Beitrag fragt nach rassismuskritischen Ansätzen in der Bibliotheksarbeit. Mit Fallbeispielen von Birgit Athumani Hango, Jantje Bruns, Birgit Kramreither, Maike Mewes und Moritz Strickert werden Einblicke in die Arbeit des Netzwerks koloniale Kontexte sowie in die Arbeit zwei unterschiedlicher Bibliotheken gegeben.

Julia Zenker koordinierte einen Artikel zu Herausforderungen in der Digitalisierung bzw. der Bereitstellung von Materialien aus kolonialen Kontexten. Sie argumentiert mit Fallbeispielen von Elke Brehm, Jana Kocourek, Karina Iwe und Anne Peiter für eine stärkere Einbindung von Herkunftsgesellschaften.

An die Digitalisierung schließt der von Romy Köhler koordinierte Beitrag an. Ingo H. Warnke, Maria Hermes-Wladarsch, Christoph Rauch und Stefanie Rühle werfen hier verschiedene Perspektiven auf die Frage, welche Rolle Metadaten für die Herstellung von Transparenz im digitalen Raum haben.

Abgerundet wird das Heft durch ein Interview mit Kolleg:innen aus Kamerun, Kenia, Namibia und Sri Lanka. Albert Gouaffo, Werner Hillebrecht, Mutanu Kyany’a und Naazima Kamardeen bieten hier verschiedene Perspektiven aus dem Globalen Süden auf für sie relevantes, aber in deutschen Bibliotheken verwahrtes Kulturgut und plädieren für eine verstärkte Zusammenarbeit in diesem Feld.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre! Bei Rückfragen zum Thema, können Sie sich gerne unter in_context@sbb.spk-berlin.de an das Projektteam von IN_CONTEXT wenden!

Link zum gesamten Themenheft: https://www.o-bib.de/bib/issue/view/335

Digital Information Meeting: Research and Funding Opportunities in Germany

IN_CONTEXT unterstützt das digitale Treffen des Netzwerks Koloniale Kontexte in Deutschland mit einer Präsentation zu Recherche in Bibliotheken. Ziel des Treffens ist es, die vielfältigen und heterogenen strukturellen Kontexte in Deutschland vorzustellen, d. h. Föderalismus, private und öffentliche Förderorganisationen sowie einzelne Programme, die eine Projektbeteiligung oder Antragstellung durch internationale Projektpartner ermöglichen. Die Teilnehmer haben einerseits die Möglichkeit, Rechercheinstrumente in deutschen Institutionen, Museen und Archiven kennen zu lernen und andererseits einen Überblick über die deutsche Förderlandschaft zu erhalten.

Die Provenienz der Literatur – Gemeinsame Seminareinheit mit der FU Berlin

Die Debatte um Provenienz- und Restitutionsforschung hat in den Museen derzeit Konjunktur – allerdings ist das Feld weitaus größer und mancherorts wird bereits von einem „provenancial turn“ gesprochen. Während Disziplinen wie Kunstgeschichte, Ethnologie, Archäologie oder Buchwissenschaft Methoden der Provenienzforschung entwickelt haben, sind Provenienzfragen in der Literaturwissenschaft noch vergleichsweise neu. An der Freien Universität Berlin hat Andreas Schmid deshalb das Seminar „Die Provenienz der Literatur“ entwickelt.

2023 recherchierte das Projekt IN_CONTEXT: Colonial Histories and Digital Collections Bestände aus kolonialen Kontexten in den verschiedenen Abteilungen der Staatsbibliothek zu Berlin und identifizierte unter anderem eine Reihe von Nachlässen von Beamten, Militärangehörigen, Forschenden oder allgemein von Personen, die in die europäischen Kolonien reisten oder dort lebten. Die Stabi Berlin verwahrt unter anderem den Nachlass von August Klingenheben (1886-1967), einem Sprachwissenschaftler, der einen seiner Forschungsschwerpunkte auf die Vai-Sprache legte und zu diesem Zweck nach Liberia reiste. In seinem Nachlass finden sich neben allgemeinen Forschungsdokumenten auch Sammlungen von Sprichwörtern und Erzählungen der Vai, die in dieser Form nie veröffentlicht wurden.

Der Klingenheben Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin, Foto: L. Müller

In einer gemeinsamen Seminareinheit diskutierten wir den Umgang mit diesen Nachlassmaterialien. In einem ersten Teil beschäftigten wir uns mit den Erwerbs- und Sammlungskontexten von Klingenheben: Inwieweit kann hier von einem kolonialen Kontext gesprochen werden? Mit welchem Interesse sammelte Klingenheben? Wie war sein Verhältnis zu Informanten? In einem zweiten Teil konzentrierten wir uns auf die Erzählung „The Leopard’s Daughter“ und verglichen verschiedene später veröffentlichte Fassungen (1961, 1988, 2008). Welche Aspekte wurden unverändert übernommen? Was wurde jeweils verändert? Handelt es sich immer noch um „dieselbe“ Geschichte? Abschließend wurde die Frage diskutiert, wie heute mit dem Nachlass von Klingenheben umgegangen werden soll. In der Diskussion wurden vor allem die folgenden Themen angesprochen: Ist eine Digitalisierung ethisch geboten? Müssen weitere Daten zur Person Klingenheben, zu den Informanten oder zum Sammlungskontext hinzugefügt werden? Sollen Personen in Liberia konsultiert werden, um einen angemessenen Umgang mit den Vai-Erzählungen zu finden?

 

Seminar: Die Provenienz der Literatur. Die Überlieferung von August Klingenheben, FU Berlin/Stabi Berlin, 11.01.2024, Andreas Schmid, Lars Müller.

 

Weiterführende Literatur

Irene Albers, Andreas Schmid: Literatur als koloniale Beute? Für eine philologische Provenienzforschung, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geisteswissenschaft 97 (2023), 1003–1018. https://doi.org/10.1007/s41245-023-00222-9.

Fatima Massaquoi: The Leopard‘s Daughter. A Folk Tale from Liberia translated from the VAI Language, Illustrations by Martha Burnham Humphrey, Boston 1961.

Ernst Dammann: August Klingenheben (1886–1967), in: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft 117 (1967) 2, 211–214.

 

CfP: Workshop zu Umgang mit kolonialen Beständen in Bibliotheken

Die koloniale Vergangenheit wird zunehmend öffentlich diskutiert. Kulturerbe-Einrichtungen tragen eine besondere Verantwortung und vor allem Museen haben bereits damit begonnen, ihre kolonialen Verstrickungen kritisch zu reflektieren und Nachwirkungen bis heute zu untersuchen. Provenienzforschung und Restitutionsdebatten haben hierzu beigetragen. Bibliotheken spielen in der aktuellen Debatte derzeit kaum eine Rolle, obwohl mit der in den meisten offiziellen Dokumenten verwendeten Bezeichnung „Museen und Sammlungen“ auch Sammlungen historischer Bestände in Bibliotheken inkludiert sind. Die dbv-Kommission Provenienzforschung und Provenienzerschließung und das Projekt IN_CONTEXT der Staatsbibliothek zu Berlin nehmen dies zum Anlass, um in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste den Umgang mit Beständen aus kolonialen Kontexten in Bibliotheken in den Blick zu nehmen.

Ziel des Workshops ist es, zu diesem Themenfeld Akteure aus Bibliotheken, Interessenverbänden und der Forschung zusammen zu bringen, bereits als einschlägig bekannte Sammlungen vorzustellen und Vorarbeiten für einen Leitfaden zum Umgang mit kolonialen Beständen in Bibliotheken zu leisten. Dabei soll sowohl grundsätzlich über den Umgang mit kolonialen Kontexten in Bibliotheken diskutiert werden als auch konkrete Bestände und Fragestellungen in den Blick genommen werden. Es werden zwei Schwerpunkte gesetzt:

Erstens wird nach Beständen in Bibliotheken gefragt, die aus kolonialen Unrechtskontexten stammen. Inwieweit sind beispielsweise Objekte im Kontext der Plünderung von Magdala (1868) oder des sog. Boxer-Krieges nach Europa gekommen? Inwieweit betreiben Bibliotheken bereits Provenienzforschung und existieren ggf. Rückgabeforderungen? Wie können Provenienzdaten in Metadaten integriert werden?

Zweitens wird nach Beständen mit Bezug zum Kolonialismus gefragt: Wie gehen Bibliotheken mit sog. Rezeptionsliteratur, wie Reiseberichten oder kolonialnostalgischer Literatur um? Inwieweit betrifft das Thema Sondermaterialien, wie Karten, Nachlässe oder Fotobestände? Wie sollte mit wissenschaftlicher Literatur aus der Kolonialzeit umgegangen werden? Wie können diese Bestände angemessen in digitalen Sammlungen und Repositorien eingepflegt und präsentiert werden?

Einsendeschluss für Beiträge ist der 15. Juni 2023. Die Workshop-Sprache ist deutsch.

Einen ausführlichen Call for Papers finden Sie hier.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an: in_context@sbb.spk-berlin.de