IN_CONTEXT Kollaboration mit Dean College (USA) angelaufen

Im Rahmen der Initiative „Exploring History and Digital Methods“ des Stabi-Projekts IN_CONTEXT und des Dean College in Franklin, Massachusetts (USA) hielt John Woitkowitz am 13. und 15. November 2023 zwei virtuelle Gastseminare. Mit Studierenden des Seminars HIS 425 Digital History und Professor David B. Dennis diskutierte Dr. John Woitkowitz über die Rolle digitalisierter Bestände sowie über Fragen zur Erstellung und Kuratierung von Metadaten und deren Auswirkung auf die Forschungspraxis in den Geschichtswissenschaften. Wie historische Kataloge moderne Sammlungen prägen, was bei der digitalen Bereitstellung von Quellen kritisch zu reflektieren ist und wie internationale Empfehlungen einen verantwortungsvolleren Umgang mit Metadaten ermöglichen sollen, stand dabei besonders im Fokus des ersten Seminars.

Students at Dean College during XML/TEI seminar

Studierende des Dean College während des XML/TEI Seminars (Foto: David B. Dennis)

Das Praxis-Seminar am 15. November stand im Zeichen der Kodierung historischer Quellen zur Kolonialgeschichte mit Hilfe der XML/TEI-P5 Richtlinien. Das Seminar brachte viele Studierende erstmals in Kontakt mit den Möglichkeiten digitaler Geschichtswissenschaft. Studierende wählten eigenständig Quellen, beispielsweise, zur Geschichte des britischen Imperialismus oder indigener Gruppen in Alaska aus der Children’s Encyclopedia (1908-1913) der Kinder- und Jugendbuchabteilung in den Digitalisierten Sammlungen der Stabi aus. Mit Hilfe eines grundlegenden TEI-Vokabulars kodieren und zeichnen sie nun ihre Quellen aus. Zusätzlich zur XML/TEI-Auszeichnung der Quellen erstellen die Studierenden eine Bibliografie zu aktueller Forschungsliteratur mit Bezug zu ihren Quellendokumenten sowie eine „Editorial Note“, in welcher sie die Dokumente historisch einordnen. Besonders Themen zu ethischen Fragen wie Autorenschaft, die Vergabe von historischen Ortsnamen oder die Klassifikation von Quellen trafen im Rahmen des Praxis-Seminars auf großes Interesse.

Nach einer Prüfung durch Professor Dennis und Dr. John Woitkowitz werden die Editorial Notes, die Bibliografien und die XML/TEI-Auszeichnungen der Studierenden nun im „Citizen History Sourcebook“ des New England Journal of History veröffentlicht und als Forschungsdaten zur Nachnutzung zur Verfügung gestellt. Eine Präsentation der Beiträge in Form einer virtuellen Ausstellung ist geplant. Darüber hinaus freuen wir uns Professor Dennis im nächsten Jahr an der Stabi für einen Besuch begrüßen zu dürfen, wo er über Forschung und Lehre in den digitalen Geisteswissenschaften in den USA berichten wird.

Auch im Namen von Professor Dennis sei an dieser Stelle Dr. Nicole Eichenberger ganz herzlich für ihre Unterstützung in der Konzeption des XML/TEI-Workshops gedankt.

Mehr Informationen zur Initiative „Exploring History and Digital Methods“ finden Sie hier.

Workshop „Koloniale Kontexte in Bibliotheken“

Ein Konferenzbericht von Christine Kühn

Am 6./7. November 2023 diskutierten rund 60 Bibliotheksmitarbeitende und Forscher:innen aus mehr als 16 Einrichtungen an der Staatsbibliothek zu Berlin über koloniale Kontexte in Bibliotheken. Erstmals wurden in einem umfangreichen Programm unterschiedlichste Fragestellungen und Lösungsansätze zusammengetragen. Als bibliotheksspezifische Handlungsfelder wurden neben der Provenienzforschung zu Sammlungen, die Dekolonisierung von Bibliotheken und deren Umgang mit Metadaten, die Frage der Aneignung immateriellen Kulturerbes, ethische und rechtliche Fragen bei sensiblen Inhalten und schließlich Digitalisierung und Zugang zu Informationen für Communities of Interest identifiziert. Bei diesem ersten zentralen Treffen kamen auch Vertreter:innen aus Kamerun, Kenia, Liberia, Namibia und Sri Lanka über Videobotschaften zu Wort. Organisiert wurde die Veranstaltung von der dbv-Kommission Provenienzforschung und Provenienzerschließung und dem Projekt IN_CONTEXT in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste (DZK).

Die Tagung wurde mit Grußworten von Hermann Parzinger (Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz), Larissa Förster (DZK), Michaela Scheibe und Larissa Schmid (Staatsbibliothek zu Berlin) im Theodor-Fontane-Saal der Staatsbibliothek zu Berlin eröffnet. In den ersten beiden Panels lag der Fokus der Beiträge auf Erwerbungskontexten und Objektgeschichten. Dabei ging es nicht nur um Objekte aus Unrechtskontexten, sondern genauso um die Fragen, wann die Provenienz eines Objekts letztendlich geklärt ist, ob bei Erwerbungsreisen in bestimmten Zusammenhängen trotz Kaufverträgen doch Fragen von kolonialen Machtverhältnissen eine Rolle spielen. Im Anschluss an den Vortrag von Ralf Kramer von der Bayrischen Staatsbibliothek wurde kritisch diskutiert, was letztendlich das Ziel von Forschung zu kolonialen Provenienzen sein kann, um andere Lösungen für Objekte als Dauerleihgaben an die Communities of Interest oder anstelle einer „digitalen Restitution“ (Übergabe von Datenträgern mit Digitalisaten) zu finden.

Hermann Parzinger im Gespräch mit Generaldirektor Achim Bonte, Larissa Schmid und Michaela Scheibe (Bild: Hagen Immel)

Am Nachmittag des ersten Workshoptages ging es mit Panels zu ethischen und rassismuskritischen Perspektiven weiter. Dabei warf Julia Zenker von der UB der Humboldt-Universität und vom FID Sozial- und Kulturanthropologie z. B. die Frage auf, ob bestimmte Inhalte und Objekte digitalisiert werden dürfen und wer diese Entscheidung letzten Endes fällt. Zum einen kann Unklarheit darüber bestehen, ob die Abbildungen und Texte kulturell oder religiös sensibel sind, zum anderen ist es nicht gegeben, dass die Bereitstellung des Digitalisats im Internet einen Zugang für Communities of Interest bietet – es kann nicht davon ausgegangen werden, dass an allen Orten die notwendige Infrastruktur zum Abrufen der Inhalte breitflächig verfügbar sind. Simon Cubelic vom Centre for Asian and Transcultural Studies der Universität Heidelberg wies in seinem Vortrag daraufhin, dass es außerdem wichtig ist, die richtigen Ansprechpartner:innen für mögliche Rückgaben bzw. Restitutionen in den jeweiligen Communities of Interest zu finden: die Einbindung von zivilgesellschaftlichen Akteur:innen statt staatlichen Akteuer:innen kann sinnvoll sein. Des Weiteren fragte Anne Peiter von der Universität von La Réunion in ihrem Beitrag, wie Bilder aus kolonialen Kontexten gezeigt werden können, ohne dass der koloniale Blick dabei reproduziert wird. Das Panel zu rassismuskritischen Perspektiven weitete den Blick vom direkten Umgang mit den Objekten auf die breitere bibliothekarische Praxis. Moritz Strickert von der UB der Humboldt-Universität und dem FID Sozial- und Kulturanthropologie stellte die Vokabulararbeit der AG Thesauri des Netzwerks Koloniale Kontexte, bei der verschiedene existierende Thesauri in Beziehung gesetzt werden, vor und Birgit Kramreither und Birgit Athumani Hango von der Universitätsbibliothek Wien und Maike Mewes und Jantje Bruns von der Bibliothek des Museums am Rothenbaum, einer One-Person-Library, berichteten über Dekolonialisierungsprozesse z. B. in Bezug auf den Bestand und dessen Kontextualisierung gegenüber Nutzer:innen, in Form eines Statements, QR-Codes mit zusätzlichen Informationen und rassismuskritischen Führungen.

Am Dienstag begann der Workshoptag mit einem Panel zu kolonialen Sammlungspraktiken: Wie koloniale Wissensstrukturen in kartographischen und bibliothekarischen Sammlungen des Perthes Verlages verhaftet sind und den heutigen Zugang zu Archivalien und Literatur bestimmen, stand im Zentrum des Beitrages von Petra Weigel von der Forschungsbibliothek Gotha der Universität Erfurt. Der darauf folgende Vortrag gab Einblicke in die kolonialen Belastungen der christlichen Missionsliteratur und die Darstellungen von Communities of Interest im Kontrast zu den christlichen Missionar:innen bei mikado, der Bibliothek und Dokumentationsstelle des Internationalen Katholischen Missionswerk missio e. V. Danach verlagerte sich die Diskussion im Vortrag von Irene Albers und Andreas Schmid von der Freien Universität Berlin zu Sammlungspraktiken auf die philologische Ebene: Inwieweit werden Erzählungen aus kolonisierten Ländern anonymisiert und in Anthologien wiederaufbereitet, bevor sie in Märchensammlungen für ein deutsches Publikum kommerziell verwertet werden? Natürlich waren ebenfalls die Bestände der Stabi Berlin Thema, und zwar im Vortrag zur Ernst Dammann-Sammlung der Orientabteilung von Meliné Pehlivanian.

Im Panel „Digitalisierung“ diskutierte Elke Brehm, wie ethnographisches Filmmaterial, was ursprünglich zu Forschungszwecken aufgenommen wurde, unter Berücksichtigung von ethischen und nicht nur juristischen Fragestellungen außerhalb von Forschungszwecken genutzt werden kann. Maria Hermes-Wladarsch stellte das Projekt Digitale Sammlung Deutscher Kolonialismus vor. Wie sich die Bestandsauswahl abhängig von der Definition von Kolonialismus gestalten kann und wie auf diese Weise bibliothekarische Sammlungspraxis immer Ausdruck der aktuellen Situation ist, wurde im Anschluss diskutiert.

Im Panel zu Metadaten und Präsentation wurde die Neutralität von Metadaten diskutiert – schließlich werden sie immer von denen produziert, die sie anlegen. Außerdem gewährte Christoph Rauch von der Staatsbibliothek zu Berlin Einblick in aktuelle Entwicklungen im Portal Qalamos zu Provenienzforschung, wir erfuhren welche Rolle FAIR- und CARE-Prinzipien und die Entwicklung von Personas für das Portal Collections from Colonial Contexts der DDB spielten und überlegten, warum der „Dresdner“ Maya-Codex eigentlich Dresden zugeordnet wird und wie sich die Zugänglichkeit für lateinamerikanische Communities gestaltet, wenn der Codex nur auf einer Webseite in deutscher und englischer Sprache präsentiert wird.

Unterbrochen wurden die Vorträge und lebhaften Diskussionen durch Impulse und Interventionen durch Aufnahmen von Mutanu Kyany’a aus Kenia, Debey Sayndee aus Liberia, Naazima Kamardeen aus Sri Lanka, Albert Gouffo aus Kamerun und Werner Hillebrecht aus Namibia – Kolleg:innen aus Communites of Interest. Mutanu Kyany’a betonte, dass Zusammenarbeit notwendig ist, nicht nur, um Communities of Interest Zugang zu ihren Kulturgütern sowie zu Informationen über ihre Kulturen zu geben, sondern um wirkliche Transformationen anzustoßen. Naazima Kamardeen äußerte Unverständnis gegenüber der Willkür von Restitutionsentscheidungen der aufbewahrenden Gesellschaften und der damit verbundenen Ungleichheit zwischen Akteur:innen und kritisierte den Begriff des „Globalen Südens“, dessen Inhalt besser durch „globale Mehrheit“ getroffen wird. Albert Gouffo drückte den Wunsch nach gemeinsamen Bibliographien oder Sammlungen gemeinsamen Wissens zwischen Kamerun und Deutschland aus.

Albert Gouffo spricht per Videobotschaft zu den Teilnehmenden (Bild: Christine Kühn)

Eine der ursprünglichen Motivationen des Workshops, nämlich das gemeinsame Nachdenken über einen Leitfaden für Bibliotheken und ihren Umgang mit kolonialen Kontexten, inspiriert vom Leitfaden zum Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten des Deutschen Museumsbunds, den Museen bereits nutzen, wurde in Form von Pinnwänden mit Fragen an die Teilnehmenden aufgegriffen. So gab es in den Pausen immer wieder Raum für Diskussion, Austausch und Beteiligung. Im letzten Zeitslot des Workshops wurden die Antworten und Kommentare präsentiert und zur Diskussion gestellt.

Michaela Scheibe und Regine Dehnel stellen die Ergebnisse des Pinnwand-Brainstormings vor (Bild: Christine Kühn)

Das detaillierte Programm mit den Titeln der einzelnen Vorträge und den Namen und Institutionen der Teilnehmenden ist hier einsehbar.

Zum weiteren Austausch wurde zur Teilnahme an den Treffen des Netzwerks Koloniale Kontexte und des Netzwerks Decolonize The Library eingeladen.

Wir hoffen, dass der Workshop als Initialzündung für notwendige weitere Schritte wie kooperativ zu erarbeitende Leitlinien wirken wird. Im nächsten Schritt hoffen wir, den Dialog zwischen Bibliotheken und anderen Kulturerbe-Einrichtungen, Bibliothekspraktikern und Wissenschaftler:innen sowie Bibliotheken und Communities of Interest fortzusetzen. Als nächste Vorhaben sind ein o-bib-Themenheft 2024 und eine internationale Konferenz geplant.

 

 

 

 

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Project presentation at Leibniz Zentrum Moderner Orient

Creating digital access to historical sources: A joint project presentation

In this presentation, Christoph Rauch, will introduce the online portal Qalamos, which provides direct access to metadata and digitised copies of Oriental manuscript collections in Germany. The talk gives an overview of workflows, standardization processes (e.g. authority data, metadata) and discusses challenges of developing a platform in collaboration with various partners.

Larissa Schmid will be presenting the project “IN_CONTEXT: Colonial Histories and Digital Collections” which seeks to secure funding for the digitisation of historical colonial sources and for devising a virtual platform for the study of colonial histories. Please find more details about the talk and the venue here.

 

Event details:

Tuesday, 26 September 2023
2-3:30pm

Leibniz-Zentrum Moderner Orient, Kirchweg 33, 14129 Berlin

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SPK Lab-Workshop zu API-Nutzungsszenarien

John Woitkowitz präsentierte im Rahmen des Experten-Workshops des Labs der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vom 19. Juli 2023 verschiedene Nutzungsszenarien für maschinelle Schnittstellen. Das Projekt IN_CONTEXT konzipiert eine virtuelle Forschungsumgebung zur Erforschung der Geschichte des Kolonialismus bestehend aus einem vernetzten Repositorium, einem Arbeitsplatz für kollaboratives Forschen sowie digitalen Analysewerkzeugen. Hierbei kommt es in verschiedenen Bereichen der Plattform zum Einsatz von Schnittstellen. Dabei werden Daten wie Nachweise, Digitalisate oder Normdaten externer Einrichtungen und Datenlieferanten über APIs in die Plattform eingebunden. Des weiteren stellt die Plattform Daten, wie Nachweise zu Beständen, Volltexten sowie Digitalisaten der Staatsbibliothek zu Berlin via OAI-PMH APIs zur Nachnutzung durch externe Einrichtungen zur Verfügung. Neben Einrichtungen nimmt das IN_CONTEXT-Portal ebenfalls Forschungsgruppen und individuelle Forschende oder Interessierte in den Blick. So sollen bedarfsrelevante REST-API bzw. Wissensgraph-Endpunkte entwickelt, Daten in gängigen Formaten angeboten und durch eine Dokumentation zugänglich gemacht werden. Die Bereitstellung von Informationen und weiterführenden Ressourcen zu problematischen Inhalten auf Ebene der Schnittstellen-Entwicklung wird ebenso diskutiert.

Der Workshop ermöglichte einen spannenden Erfahrungsaustausch zwischen Einrichtungen, Projekten und individuellen Nutzenden. Wir freuen uns auf weitere Workshops und Gespräche rund um die Entwicklung und Bereitstellung von APIs für Forschung und Interessierte.

Weitere Informationen zum SPK Lab finden Sie hier: https://lab.spk-berlin.de

 

Jahrestagung des Netzwerks Koloniale Kontexte

Am 12. Juni 2023 stellte das Team von IN_CONTEXT im Rahmen des Jahrestreffens des Netzwerks Koloniale Kontexte aktuelle Entwicklungen und Aktivitäten des Projekts vor. Besonders das Einbinden von Sammlungen und Beständen aus SBB/SPK-externen Einrichtungen, der Umgang mit sensiblen Metadaten und die Rolle von Communities of Interest wurden diskutiert. Für den Bereich „Koloniale Kontexte in Bibliotheken“ wird das Projekt im November die Diskussion im Rahmen eines zwei-tägigen Workshops vertiefen. Wir freuen uns auf den gemeinsamen Austausch mit den Kolleg:innen in Berlin sowie im Netzwerk.

Das vollständige Programm des Jahrestreffens des Netzwerk Koloniale Kontexte finden Sie hier.

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Tagung zu Retrodigitalisierung und IN_CONTEXT

Larissa Schmid stellte das Projekt IN_CONTEXT auf der Tagung Retrodigitalisierung an der Universität Kiel vom 11.-12. Mai 2023 vor. Dabei konnten drängende Fragen zu Zugänglichkeit und Präsentation von digitalen Beständen aus kolonialen Kontexten diskutiert werden. Die Tagung erlaubte es darüber hinaus wichtige Kontakte zu weiteren Einrichtungen und Forschenden aus den Bereichen Digitalisierung und koloniale Kontexte zu knüpfen.

CfP: Workshop zu Umgang mit kolonialen Beständen in Bibliotheken

Die koloniale Vergangenheit wird zunehmend öffentlich diskutiert. Kulturerbe-Einrichtungen tragen eine besondere Verantwortung und vor allem Museen haben bereits damit begonnen, ihre kolonialen Verstrickungen kritisch zu reflektieren und Nachwirkungen bis heute zu untersuchen. Provenienzforschung und Restitutionsdebatten haben hierzu beigetragen. Bibliotheken spielen in der aktuellen Debatte derzeit kaum eine Rolle, obwohl mit der in den meisten offiziellen Dokumenten verwendeten Bezeichnung „Museen und Sammlungen“ auch Sammlungen historischer Bestände in Bibliotheken inkludiert sind. Die dbv-Kommission Provenienzforschung und Provenienzerschließung und das Projekt IN_CONTEXT der Staatsbibliothek zu Berlin nehmen dies zum Anlass, um in Kooperation mit dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste den Umgang mit Beständen aus kolonialen Kontexten in Bibliotheken in den Blick zu nehmen.

Ziel des Workshops ist es, zu diesem Themenfeld Akteure aus Bibliotheken, Interessenverbänden und der Forschung zusammen zu bringen, bereits als einschlägig bekannte Sammlungen vorzustellen und Vorarbeiten für einen Leitfaden zum Umgang mit kolonialen Beständen in Bibliotheken zu leisten. Dabei soll sowohl grundsätzlich über den Umgang mit kolonialen Kontexten in Bibliotheken diskutiert werden als auch konkrete Bestände und Fragestellungen in den Blick genommen werden. Es werden zwei Schwerpunkte gesetzt:

Erstens wird nach Beständen in Bibliotheken gefragt, die aus kolonialen Unrechtskontexten stammen. Inwieweit sind beispielsweise Objekte im Kontext der Plünderung von Magdala (1868) oder des sog. Boxer-Krieges nach Europa gekommen? Inwieweit betreiben Bibliotheken bereits Provenienzforschung und existieren ggf. Rückgabeforderungen? Wie können Provenienzdaten in Metadaten integriert werden?

Zweitens wird nach Beständen mit Bezug zum Kolonialismus gefragt: Wie gehen Bibliotheken mit sog. Rezeptionsliteratur, wie Reiseberichten oder kolonialnostalgischer Literatur um? Inwieweit betrifft das Thema Sondermaterialien, wie Karten, Nachlässe oder Fotobestände? Wie sollte mit wissenschaftlicher Literatur aus der Kolonialzeit umgegangen werden? Wie können diese Bestände angemessen in digitalen Sammlungen und Repositorien eingepflegt und präsentiert werden?

Einsendeschluss für Beiträge ist der 15. Juni 2023. Die Workshop-Sprache ist deutsch.

Einen ausführlichen Call for Papers finden Sie hier.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an: in_context@sbb.spk-berlin.de

IN_CONTEXT auf der #DHd2023 in Trier

Im Rahmen der Jahrestagung des Verbands für die Digital Humanities im deutschsprachigen Raum (DHd) an der Universität Trier vom 15.-17. März 2023 stellte John Woitkowitz das Projekt IN_CONTEXT vor. Mit Kolleg*innen des Panels „Digitalisierung kulturellen Erbes und postkoloniale Perspektiven“ diskutierte er die ethischen Dimensionen von Digitalisierungsprojekten und die Herausforderungen in der Umsetzung der FAIR und CARE-Grundsätze.

Eine ausführlichere Besprechung der Diskussion ist im Beitrag „Digitalisierung im Zeichen der CARE-Grundsätze“ zu finden.

Das Programm der Jahrestagung findet sich unter https://dhd2023.dig-hum.de

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Projektstart: IN_CONTEXT: Colonial Histories and Digital Collections

IN_CONTEXT ist ein auf zwei Jahre angelegtes Projekt mit dem Ziel, eine Finanzierung für die Digitalisierung von Bibliotheksbeständen aus kolonialen Kontexten und für den Aufbau einer virtuellen Forschungsumgebung einzuwerben. Diese soll mittelfristig als eine zentrale Plattform zur Erforschung historischer Quellen dienen, indem sie relevante Sammlungen in Deutschland und von internationalen Partnern präsentiert und zugänglich gemacht. Das Projekt ist an der Staatsbibliothek zu Berlin (SBB) angesiedelt und wird von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) gefördert.

Eine ausführliche Projektbeschreibung finden Sie hier.